Ruinenschleicher & Schachterleis
Im Rahmen des Kulturprogramms Stunde Null? der Landeshauptstadt München zeigen wir den Dokumentarfilm Ruinenschleicher & Schachterleis (2023).
Im Mai 2025 ist es 80 Jahre her, dass der Zweite Weltkrieg in Europa und somit auch in München endete. Mit ihm ging die Terror-Herrschaft der Nationalsozialisten unter. Flächendeckende Verheerungen, die ihr rassistisch motivierter Vernichtungskrieg auf dem Kontinent und in vielen Köpfen angerichtet hatte, blieben.
In München bildete sich in kürzester Zeit eine Ankunftsgesellschaft für Holocaustüberlebende und Hinterbliebene der Vernichtung, Verschleppte und Entwurzelte, Geflüchtete und Vertriebene, für Mitglieder der amerikanischen Streitkräfte wie für – aus dem Exil zurückgekehrte – Deutsche. Neues traf auf Altes, auf eine mehrheitlich NS-geprägte, gesellschaftliche Kontinuität.
Die Aufgaben dieser sich neu bildenden Gesellschaft – die unserer Eltern und Großeltern – wirken aus heutiger Sicht fast unbewältigbar. Der Schriftsteller und Journalist Walter Kolbenhoff beschrieb die Stadt in den Jahren 1946 / 47 als trostlose, surreal anmutende Wüste: „Mal konnte man kilometerweit sehen, dann wieder ging man durch Schluchten, zu beiden Seiten ragten die Trümmerhaufen hoch.“ Für die Schriftstellerin Erika Mann war Bayern 1945 / 46 ein verlorenes Land, „nicht menschenerkennbar“.
Wie konnte unter diesen Bedingungen überhaupt ein Neuanfang in München gelingen?
Wie konnte eine Demokratie wachsen? Wie wurden totalitäre Erbschaften jenseits von Verleugnung und Gleichgültigkeit behandelt? Wo verläuft die Grenze zwischen Erinnerung, Verdrängung und Ideologie? Wie ging die sich konstituierende Stadtgesellschaft mit dem „Mitgebrachten“ der Neumünchner*innen, mit ihrer jeweiligen Herkunft, Kultur und ihren Erfahrungen um? Was wird ausgewählt, was weggelassen, wer wird integriert, wer übersehen?
Damals wurden in Politik und Gesellschaft Weichen gestellt, die bis heute unser Zusammenleben beeinflussen. Das Programm „Stunde Null? Wie wir wurden, was wir sind.“ möchte mit mehr als 130 Partner*innen genau daran erinnern – verbunden mit den für uns heute kaum vorstellbaren Ängsten, Hoffnungen und Leistungen all derjenigen Menschen, die im Jahr 1945 und danach in München einen neuen Anfang versuchten.